Lucky – Hunde sind die besseren Menschen // Die Geschichte von Susis Familie und ihrem eigentlich zu Tode geweihten Zwergpudel Lucky
// Manchmal sind Tiere die besseren Menschen //
Ich bin selber stolze Hundebesitzerin einer sehr quirligen Chihuahua-Dame und mag eigentlich sowieso erstmal alle Lebewesen. Und nein – ich bin keine Vegetarierin, geschweige denn Veganerin. Trotzdem liebe ich Tiere und behandle sie mit Respekt und Demut. Sie sind Lebewesen – genauso wie wir Menschen auch auf diesem Planeten. Mit allen Rechten gut behandelt zu werden und nicht zu unserer Unterhaltung, Spaß oder purer Dummheit gequält und gar getötet zu werden! Wer sind wir Menschen, dass wir uns hinstellen und als besser betrachten? Weil wir denken können? Das möchte ich nur allzuoft dem ein oder anderen in Abrede stellen. In meinem Freundeskreis gibt es eine Familie mit einer ganz besonderen Geschichte, die ich euch gerne erzählen möchte. Eine Geschichte von Freundschaft und Liebe zwischen Mensch und Hund – und was sie für beide Seiten wertvolles bedeuten kann.
Für Lucky und seine Menschenfamilie
Es gibt viele Hundeschicksale, die traurig und wütend machen. Vermehrerzuchten in Osteuropa gibt es zuhauf. Hierzulande ist illegaler Welpenhandel auf Autobahnrastplätzen keine Seltenheit, wo oft zig wenige Wochen alte Welpen in Kleintransportern gezwängt zu Dumpingpreisen angeboten und verkauft werden. Unterernährt, nicht geimpft und viel zu früh von der Mutter weggenommen. Leider gibt es genug Nachfrage nach gerade angesagten Rassehunden, die billig gekauft und sich keinerlei Gedanken von den vermeintlichen Tierfreunden gemacht werden, was den Hundemamas und Deckrüden tagtäglich angetan wird. Hauptsache Geld gespart. Das Gejammer oft groß, wenn im nachhinein vermehrt Tierarztkosten anfallen, weil die Tiere eben nicht aus einer seriösen Zucht kommen und die Folgeschäden nicht absehbar sind. Käfighaltung, schlechte Nahrung, oft kein Sonnenlicht, geschweige denn Auslauf. Hündinnen werden so oft gedeckt, bis sie geschwächt nach ein paar Jahren nicht mehr können und entsorgt werden.
Irgendwo von dort kommt Lucky. Über 100 Tiere wurden 2013 aus einer Vermehrerzucht gerettet und in einer Hundepension in Deutschland auf die Schnelle untergebracht. Von dort mussten über fünfzig Hunde auf verschiedene Tierheime verteilt werden und auf Vermittlung hoffen. Auch das Tierheim in Straubing war dabei. Susi´s Familie hatte bereits zwei Hunde, mehrere Freigangkatzen und Pferde auf der Hofstelle und wollten eigentlich keinen weiteren Hund aufnehmen. Und trotzdem konnten sie den Hilferuf des Tierheims nicht einfach ignorieren. Immer wieder schon gaben sie hilflosen Tieren ein letztes zuhause. Sie nahmen sich also Zeit und versuchten zu einer schwarzen Pudelhündin im Tierheim eine Verbindung aufzubauen. Und trotz mehrerer Besuche und Spaziergänge, zeigte ihnen die kleine Dame deutlich, dass Sie nicht zu ihnen wollte. Auch das gibt es! Gerade Hunde suchen sich Ihre Menschen gerne selber aus. Leider nehmen sich viele Menschen beim Kauf und der Aufnahme eines Hundes viel zu wenig Zeit, um zu schauen, ob die Hunde-Menschen-Partnerschaft überhaupt funktionieren kann und der Funke überspringt. Mit ein Grund, warum auch immer wieder Hunde gerade ins Tierheim wieder zurückgebracht oder „Fehlkäufe“ ausgesetzt und abgegeben werden. Jeder Hund und jede Rasse hat seine eigenen Charakterzüge und Bedürfnisse! Menschen nehmen wir ja auch nicht einfach so an und in unserem Leben auf. Oder etwa nicht? Ein Hund bleibt meistens sehr lange an der Seite seines Menschen. Das sollte gut überlegt werden. Für beide Seiten!
Beim letzten Besuch musste Susi dann auch die traurige Entscheidung treffen und absagen. Bei der Verabschiedung fiel von der Tierheimmitarbeiterin noch der Satz, dass bei den fünf Neuzugängen an jenem Tag auch ein aprikotfarbener Zwergpudel dabei war. Allerdings auf einem Auge blind, fast taub und sowieso total scheu und mit einem verkrüppelten Bein. Unvermittelbar.
Aber nicht für Susi. Aprikot-Pudel sind sehr selten und sie wollte den kleinen Kerl unbedingt sehen. Er saß total verschreckt im Innenzwinger und wollte nicht mal angesehen werden! „Mir war klar, dass niemand diesen Hund aufnehmen würde und wir viel Arbeit vor uns hatten, sein Vertrauen zu gewinnen“ erinnert sich Susi an den ersten Moment. Die Entscheidung war gefallen. Laut Schätzung vom Tierarzt musste Bobby, wie er zunächst von den Tierrettern getauft wurde, ca. 20 Jahre alt sein! Ein biblisches Alter für einen Pudel. Susis großes Herz für Tiere wollte diesem kleinen Kerl die letzten Wochen oder Monate einfach nur noch schön machen. Ihr Mann stand sofort hinter dieser Entscheidung und nach einer noch notwendigen Zahn-OP durfte er auch gleich zu seiner neuen Familie mit auf den Hof. Lucky war zuhause!
Aus den vermeintlichen Monaten wurden drei wunderbare Jahre.
Lucky war anfangs zutiefst verängstigt. Niemand weiß, was ihm in seinem langen Leben schreckliches mit den Menschen passiert ist. Er hatte es nicht vergessen und verlangte viel Geduld von seinen neuen Besitzern. Anschauen war eine Strafe für ihn und anfassen erst recht nicht möglich. Reden und einfach nur auf dem Boden sitzen und warten. Die Hand ausstrecken und ihm alle Zeit der Welt geben. Nach über drei Monaten fasste er erstmals richtig Vertrauen und er krabbelte tief geduckt auf die Hand zu, um vorsichtig an den Fingern zu schnuppern. Der Bann war gebrochen und Susi war wie vom Donner gerührt. Alle Mühe hatte sich gelohnt!
Zwergpudelhündin Nani und Neufundländer-Rüde Champ hatten Lucky ohnehin schon in ihr Rudel aufgenommen und maßgeblichen Anteil daran, dass Lucky sich in der Familie resozialisieren konnte. Er war der schwächste und wurde von den beiden gesunden Hunden beschützt und von Anfang an akzeptiert. Lucky lernte mit Nani zu spielen und er konnte auch draußen über seinen Schatten springen und traute sich über die Wiesen zu laufen! Gras, Steine, Geräusche und einfach das normale Leben. Für Lucky absolutes Neuland! Es dauerte über zwei Jahre, bis er sich von fremden Menschen streicheln lies. Seine Ängste konnte er nie ganz ablegen. Hinter ihm die Treppe hochlaufen war unmöglich! In Panik stürzte er sich in die Tiefe und wollte sich nur verkriechen. Ein Hinterlauf wurde irgendwann mal gebrochen und ist zwar wieder verheilt, belasten aber traute er sich das Bein nie und hielt es immer hochgezogen. Die Erinnerung an die Schmerzen sind nie vergangen. Viele kleine Dinge, die sich alle Familienmitglieder zu Herzen nahm und mit viel Rücksicht auch gut funktionierte. Lucky fühlte sich mit jedem Tag wohler. Sogar die kleine Tochter, die ein Jahr nachdem Lucky in die Familie aufgenommen wurde, auf die Welt gekommen ist hatte das Gespür, den kleinen Kerl, der immer nur auf drei Beinen daher springt, nicht zu verschrecken oder zu ärgern.
Die kleine und alte Pudeldame Nani wurde Luckys beste Freundin und Hüne Champ sein Beschützer. Überhaupt waren die Tiere sein ganzer Halt und er lernte, dass es auch Menschen gibt, die es gut mit ihm meinen. Nie eine erhobene Hand oder laute Worte. Nur so konnte das Vertrauen des kleinen Kerls gewonnen und ihm seine Freude am Leben zum allerersten mal wohl richtig geschenkt werden. Schnell hatte er auch den Spitznamen Clown. Frühmorgens, wenn alle noch schläfrig waren und langsam in den Tag starteten, wedelte Lucky gutgelaunt durch die Küche und strahlte mit seinen Knopfaugen. Dieser verkrüppelte, alte und aufgeblühte Hund war einfach nur wunderschön. Sein verschmitztes Gesicht und sein Humpeln gingen einem richtig zu Herzen. Es ging ihm gut und statt Mitleid war da nur noch aufrichtige Freude, dass es gelungen war, diesem gebrochenen Hund neuen Lebenswillen zu geben.
Dann starb Nani altersbedingt. Lucky durfte lange Abschied von ihr nehmen und hat wohl an diesem Tag entschieden, dass er seine Freundin nicht missen möchte. Nur sechs Wochen später folgte er ihr über die Regenbogenbrücke und lies seine Familie sehr traurig zurück. Sein Alter konnte nie richtig festgelegt werden, aber er war bestimmt mindestens 17 Jahre alt und hatte ein sehr bewegtes und überwiegend schlimmes Hundeleben. Aber was zählt ist die Botschaft, die uns Lucky und Susi mit ihrer Familie hinterlassen. Vertrauen, Geduld und Liebe bestimmen sovieles in unserem Leben. Sie heilen alte Wunden und lassen vor allem neues Glück wachsen. Nichts muss perfekt sein, Kleinigkeiten bereiten oft viel mehr Freude, weil sie oft die besonderen Momente sind. Man muss nur hinschauen und erkennen. Tiere reflektieren ohne Filter. Sie sind ehrlich und direkt. Wir Menschen können viel von Ihnen lernen. Sie zu quälen und minderwertig zu betrachten steht uns in keinster Weise zu. Mehr Demut würde uns oft gut zu Gesicht stehen – auch gegenüber uns Menschen selber. Lucky hatte ein schlimmes Vorleben und einen wunderbaren Lebensabend. Zumindest ein kleines Happy End, das aber nicht notwendig gewesen wäre, wenn wir Menschen nicht so herzlos und respektlos gegenüber Tieren sein würden. Menschen retten Hunde vor Menschen. Wer rettet den Menschen vor dem Mensch?
Es gibt den Satz „Wer Tiere nicht mag, mag auch keine Menschen“. Da ist sehr viel Wahres an dieser Aussage. Lucky konnte seine Abneigung vor Menschen besiegen. Danke, dass du uns gezeigt hast, was alles möglich ist, wenn man mit Liebe das Leben annimmt. Wir haben viel von dir gelernt.
Lucky und seine Freunde
Mehr Informationen zur Rasse der Pudel findet ihr hier: Wikipedia – Pudel
Das Leid der Vermehrerhunde – Vermehrer oder Züchter? Vermehrerzucht